Perspektiven für eine Branche in der Kritik

Perspektiven für eine Branche in der Kritik

Besonders in den letzten Jahren hat der Nachhaltigkeitsgedanke in Deutschland Fuß gefasst. Die Fridays for Future mobilisieren Tausende junger Menschen, die für die Bekämpfung des Klimawandels auf die Straßen gehen. Um diese Jugend trotzdem für eine Ausbildung in der Kunststoff-Branche zu begeistern, braucht es einen guten Plan und starke Verbündete.

Plastiktüten sind out, Jutebeutel sind in. Ob Hanf, Leinen oder Recyclingpapier: eine ganze Generation spricht sich für nachhaltige Materialen aus. Und damit auch gegen die Produktion von Kunststoffprodukten. Obwohl „Plastik“ noch nicht aus den Betriebsstätten Deutschlands und unserem Alltag wegzudenken ist, fällt den Unternehmen die Besetzung ihrer Ausbildungsplätze zunehmend schwer. „Die Branche muss wegen des aktuellen Kunststoff-Bashings viel stärker um Fachkräftenachwuchs kämpfen“, so Carsten Kießler, Leiter des Lemgoer Instituts für Kunststoffwirtschaft (ikuowl).

Dabei ist der Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik ein spannender Beruf, der eine ganze Reihe von individuellen Spezialisierungen zulässt. Auch Methoden und Programme zur Wiederverwendbarkeit von Kunststoffprodukten sind längst in den Unternehmensphilosophien angekommen. Eine Ausbildung, die sich den veränderten Ansprüchen des Nachwuchses bewusst ist und sich am Zeitgeist weiterentwickelt, kann hier ganz neue Möglichkeiten der Partizipation bieten. Deshalb sind zum Beispiel eigenverantwortliche Projekte der Azubis ein Weg, die Ausbildungsbedingungen und Arbeitgeberattraktivität der Kunststoff-Branche nachhaltig zu verbessern.

Bei einem Innovationsworkshop von Bildungsbrücken OWL kamen Vertreter:innen aus Bildung, Forschung und Wirtschaft zusammen, um genau solche Überlegungen gemeinsam in die Tat umzusetzen. Ein Konzept für eine zukunftsorientierte Ausbildung stellte Michael Vieth, Leiter Personalentwicklung und Ausbildung bei der ARBURG GmbH & Co.KG vor. Das Unternehmen aus dem Schwarzwald muss aus ca. 500 jährlichen Geburten im Einzugsgebiet 100 Ausbildungsplätze besetzen und hat Erfahrung darin, junge Menschen zu begeistern und diese Begeisterung aufrecht zu erhalten. Dazu wecken sie technisches Interesse schon im Kindesalter. Kooperationen zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen, die dazu nötig sind, werden auch von Bildungsbrücken OWL angestrebt. Das Verbundprojekt der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe, der Lippe Bildung eG, dem Eigenbetrieb Schulen des Kreises Lippe und der Technischen Hochschule Ostwestfalen Lippe hat sich zum Ziel gemacht, systemübergreifende Strukturen zu etablieren, von denen Ausbildende und Auszubildende gleichermaßen profitieren.

Dass sich das Modell der Ausbildung generell im Wandel befindet, zeigte bei dem gemeinsamen Workshop auch der Vortrag von Thomas Reiter. Er gewährte Einblicke in die Änderungsprozesse von Berufsausbildungsordnungen aus Perspektive des Kuratoriums der deutschen Wirtschaft. Aus Ostwestfalen-Lippe präsentierten Lotte Prädikow und Nina Mauritz von der Denkfabrik Digitalisierte Arbeitswelten der Fachhochschule Bielefeld, wie künstliche Intelligenz die berufliche Bildung aufwerten kann.

Die Teilnehmenden, zu denen neben Akteuren der Bildungsbranche auch viele Ausbildungsbeauftragte regionaler Kunststoff-Unternehmen und Dominik Wellhäuser vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) zählten, nahmen die Online-Tagung als fruchtbaren Austausch wahr. Man ist sich einig, dass die Kunststoff-Branche willens und bereit ist, jungen und erfahrenen Mitarbeitenden einen positiven Ausblick für die Zukunft zu bieten.

Mit dem Programm InnoVET fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bundesweit Projekte mit dem Ziel, die Attraktivität, Qualität und Gleichwertigkeit der beruflichen Bildung zu steigern. Durchgeführt wird das Programm vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB).

Weitere Informationen erhalten Sie auf: www.bildungsbruecken-owl.de

Foto: Pandemiebedingt erfolgte nur die Moderation live aus dem Institut für Kunststoffwirtschaft. v.l. Carsten Kießler (Leiter ikuowl), Michael Krakow (Moderator)

Bildnachweis: Bildungsbrücken OWL